Jonathan Safran Foer

11 Zitate

Jeden Morgen erwachte er mit dem Wunsch, das Richtige zu tun, ein guter und sinnvoller Mensch zu sein, glücklich zu sein – so einfach es klang und so unmöglich es in Wirklichkeit war. Und im Laufe des Tages sank sein Herz immer tiefer in den Magen. Am frühen Nachmittag überkam ihn das Gefühl, dass nichts stimmte, oder dass nichts für ihn richtig war, und der Wunsch, allein zu sein. Am Abend fand er Erfüllung: allein in der Wucht seines Kummers, allein in seiner ziellosen Schuld, allein selbst in seiner Einsamkeit. „Ich bin nicht traurig“, wiederholte er immer wieder, „ich bin nicht traurig.“ Als könnte er sich eines Tages selbst überzeugen. Oder sich selbst täuschen. Oder andere überzeugen – denn das Einzige, was schlimmer ist, als traurig zu sein, ist, wenn andere wissen, dass man traurig ist. „Ich bin nicht traurig. Ich bin nicht traurig.“ Denn sein Leben barg unbegrenztes Potenzial für Glück, insofern es ein leeres, weißes Zimmer war. Er schlief mit seinem Herzen am Fußende seines Bettes ein, wie ein Haustier, das überhaupt nicht zu ihm gehörte. Und jeden Morgen wachte er wieder damit im Schrank auf. Sein Brustkorb war etwas schwerer, etwas schwächer geworden, aber er pumpte immer noch. Und am Nachmittag überkam ihn erneut der Wunsch, woanders zu sein, jemand anderes, jemand anderes an einem anderen Ort. Ich bin nicht traurig.“

— Jonathan Safran Foer, · Everything is Illuminated
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